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Karl Dedecius (20.05.1921-26.02.2016).

Karl Dedecius ist tot.

Einer der letzten Vertreter der Kriegs- und Versöhnungsgeneration ist am 26. Februar 2016 im Alter von fast 95 Jahren in Frankfurt am Main verstorben. Prof. Dr. h. c. mult. Karl Dedecius, der unermüdliche Kulturvermittler zwischen Deutschen und Polen, arbeitete bis zuletzt an einem Bildband, der ein Resümee seines bewegten Lebens und Kulturschaffens ziehen sollte.

Von 1980 bis 1997 war Dedecius Direktor des Deutschen Polen-Instituts in Darmstadt, das sich als Kultureinrichtung innerhalb kurzer Zeit ein hohes Renommee in Deutschland und Polen erwarb. Dedecius übersetzte mehr als 3.000 Gedichte, veröffentlichte regelmäßig polnische Lyrik in deutschen Verlagen, schrieb Essays zur polnischen Literatur und Geistesgeschichte, pflegte Freundschaften mit polnischen Schriftstellerinnen und Schriftstellern. Von Darmstadt aus gab er die 50-bändige "Polnische Bibliothek" heraus, ebenso wie das siebenbändige "Panorama der polnischen Literatur des 20. Jahrhunderts". Er beschaffte Stipendien für polnische Intellektuelle und organisierte Studienreisen für Journalisten, Übersetzer und Verleger aus dem Nachbarland. Nach dem politischen Umbruch in Polen 1989/90 zeigte er sich offen für eine Erweiterung des Profils des Instituts.

Das Deutsche Polen-Institut trauert um seinen Gründer und Mentor. In seinen Werken und in unseren Herzen lebt er weiter.

Der Übersetzer und Literaturwissenschaftler Karl Dedecius war eine der bedeutendsten Persönlichkeiten für die deutsch-polnischen Kultur- und Literaturbeziehungen und zugleich ein Zeitzeuge. Er wurde am 20. Mai 1921 geboren. Lodz war zu dieser Zeit eine multikulturelle Stadt. Seine Lodzer Kindheit und Jugend nahm mit dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges ein jähes Ende. Das Leben in der von Deutschen besetzten Stadt und in der Folgezeit die Teilnahme an der Schlacht bei Stalingrad und die Zeit der Inhaftierung im Kriegsgefangenenlager wurden für ihn zu einer Grenzerfahrung und wiesen zugleich den Weg zu den Aufgaben, die er sich später stellte.

Er wurde zu einem Menschen, der die durch das Wort gesetzten Grenzen überschreiten und sie – ähnlich wie der heilige Hieronymus – angesichts der Zerrissenheit seiner Epoche zusammenfügen wollte.

Karl Dedecius hat über dreitausend Gedichte von etwa dreihundert polnischen Autoren aus verschiedenen Epochen ins Deutsche übersetzt. Als einer der ersten bemühte er sich, deutschen Lesern die zeitgenössische polnische Poesie – Autoren wie Czesław Miłosz, Zbigniew Herbert, Tadeusz Różewicz, Stanisław Jerzy Lec und Wisława Szymborska – nahe zu bringen. Karl Dedecius verstand seine Rolle immer symbolisch, indem er betonte, dass ein "Übersetzer" ein "Dolmetscher" ist, aber zugleich auch jemand, der "überträgt", d.h. etwas auf die andere Seite hinüberbringt. Worte haben in anderen Sprachen einen anderen Wortlaut, doch die darunter liegende Bedeutung bezieht sich ungeachtet der Unterschiede, wie sie aus unterschiedlichen historischen Bedingtheiten und Nationalität resultieren, auf eine gemeinsame Welterfahrung beziehen. Auf diese Weise überwinden sie Grenzen und politische Spaltung und bringen Menschen einander näher.

Im Zusammenhang mit dem 95. Geburtstag von Karl Dedecius wurde sein Werk in den für ihn wichtigsten Städten präsentiert – in Lodz, also an seinem Geburtsort, in Darmstadt, wo Karl Dedecius das Deutsche Polen-Institut in Deutschland gegründet hat, sowie in Słubice, wo sich das Karl-Dedecius-Archiv befindet.