Karl Dedecius. Literatur - Dialog - Europa

20. Mai bis 30. August 2015

Galerie der Sonderausstellungen
Museum der Stadt Lodz
Ogrodowa-Strasse 15

Vernissage: 20. Mai 2015 (Mittwoch) um 18:00 Uhr (Spiegelsaal)

Eine Führung der Kuratorin durch die Ausstellung findet am Donnerstag, den 21. Mai 2015, um 17.00Uhr statt
Eintritt frei.

Eine neue Sonderausstellung bildet den Auftakt für eine Reihe von Veranstaltungen zur Person des Übersetzers, Kritikers und Literaturwissenschaftlers Karl Dedecius, der zu den wichtigsten Protagonisten im Dialog zwischen der polnischen und deutschen Kultur und Literatur gehört.

Um seine Person und seinen komplizierten Lebensweg zu schildern und die Beweggründe seiner Übersetzertätigkeit näher zu bringen, werden in der Ausstellung u.a. Archivdokumente präsentiert, die seine Freundschaft mit bedeutenden polnischen Dichtern belegen: Briefe von Czesław Miłosz (1980 Nobelpreis für Literatur), ein komplettes Konvolut von Materialien zur Verleihung des Nobelpreises an Wisława Szymborska (1996), humoristische Postkarten von Zbigniew Herbert, Dichterlesungsfotos mit Tadeusz Różewicz, ergänzt durch persönliche Gegenstände von Dedecius, u.a. das Übersetzungspult aus Mahagoniholz, an dem er jahrelang gearbeitet hat.

Den Hintergrund der Ausstellung und Ausgangspunkt für ihre räumliche Gestaltung bilden Erinnerungen von Karl Dedecius, die ein Resümee seiner Übersetzertätigkeit darstellen und sein Schicksal vor dem Hintergrund der politischen Ereignisse des 20. Jahrhunderts präsentieren, wobei das menschliche Leben zur Metapher eines Buches wird. Besondere Aufmerksamkeit wird seiner im multikulturellen Lodz verbrachten Jugend, seinen Kriegserfahrungen und dem vielleicht daraus resultierenden Entschluss, durch Literaturübersetzungen zwischen den Völkern zu vermitteln, sowie seinen Beziehungen zu bedeutenden Persönlichkeiten aus Kunst, Kultur und Politik gewidmet.

Auch das von Karl Dedecius gegründete Deutsche Polen-Institut in Darmstadt und seine Rolle als in den polnisch-deutschen Beziehungen vorgestellt. Die Ausstellung zeigt die Bandbreite der von Karl Dedecius in Übersetzungen und deutschsprachige Literaturmonographien polnischer Literatur investierten Arbeit. Das kann allein schon die 50-bändige Serie der "Polnischen Bibliothek" (Biblioteka Polska) veranschaulichen, die die polnische Literatur seit dem Mittelalter bis zur Gegenwart umfasst und in die Dedecius zwanzig Jahre Arbeit investiert hat, sowie das 7-bändige "Panorama der polnischen Literatur des 20. Jahrhunderts" (Panorama literatury polskiej XX wieku).

Ausstellung thematisiert auch Probleme der Transformation von einer Sprache in eine andere [und die damit verbundene Werkstatt]. Eine Ergänzung der Ausstellung bilden die von Karl Dedecius verfassten "Gebote" für Übersetzer, enthalten u.a. im Essay-Vortrag "Kunst der Übersetzung und eine Auswahl von sowohl populärwissenschaftlichen als auch Fachtexte zum Thema Übersetzung, die eine vertiefte Analyse der Übersetzertätigkeit ermöglichen soll.

Die Ausstellung wurde in der Zusammenarbeit mit dem Karl-Dedecius-Archiv und der Stiftung Karl-Dedecius- Literaturarchiv vorbereitet.

Kuratorin: Marta Skłodowska

Zusammenarbeit: Katarzyna Kuropatwa – Pik

Übersetzung: Barbara Ratecka

Architektur: Katarzyna Gołaszewska i Paweł Lewoc

Design: Grafixpol

Koordination: Marcin Kuropatwa, Magdalena Krajewska-Sochala

Die Internationale Podiumdiskussion der Übersetzer

21. Mai (Donnerstag), 17.00 bis 22.00 Uhr

Museum der Stadt Lodz
Ogrodowa-Strasse 15

Kaffehaus "Niebostan"
Piotrkowska Str. 17

Eintritt frei

17.00 - 18.00Ausstellungsführung der Kuratorin

18.00 - 18.30Über Karl Dedecius sprechen Renate Schmigdal (langjährige Mitarbeiterin von Karl Dedecius und Preisträgerin eines nach ihm benannten Preises) und Sława Lisiecka (Lodz), Übersetzerin deutscher Literatur

18.30 - 19.30Panel I: Übertragungen/Überfahrten der Übersetzer (Inhaltliche und praktische Bedingungen der Arbeit eines Übersetzers). Moderation: Sława Lisiecka, Leszek Engelking (Spiegelsaal)

19.30 - 20.30Reportage – ein Medium, das uns andere Kulturennäher bringt. Gäste: Michał Książek (Verlag Czarne) und Wojciech Górecki. Moderation: Maciej Robert (Kaffehaus des Museums der Stadt Lodz)

21.30"Zwischen den Inseln und Mars". Ein Treffen mit Jerzy Jarniewicz. Präsentation der Anthologie "Poetki z Wysp" ["Inseldichterinnen"] (mit Werken von Lavinia Greenlaw, Moniza Alvi, Jackie Kay, Gwyneth Lewis, Alice Oswald, Ruth Padel, Jo Shapcott und Rosemary Tonks) und eines neuen Poesiebuches von Jerzy Jarniewicz "Woda na Marsie" ["Wasser auf dem Mars"]. Moderation: Przemysław Owczarek (Kaffehaus Niebostan)

22. Mai 2015 (Freitag), 18.00 bis 21.00 Uhr

Literaturhaus
Roosevelta Str. 17

Eintritt frei

18.00Panel II: Europa, übersetzt aus der Nachbarschaft (Die Textübersetzung als eine Kulturübersetzung?). Moderation: Jerzy Jarniewicz

18.00 - 18.30Poetische Präsentationen aus der Ukraine und aus Weißrussland sowie eine Diskussion über die Situation in der Region Europas (Hałyna Kruk, Ostap Sływynski, Andriej Chadanowicz, Maryna Szoda)

In der deutschen Sprache bedeutet "übersetzen"auch auf eine andere Seite bringen, Mittler zwischen den Kulturen sein. Obwohl Wörter in verschiedenen Sprachen unterschiedlichen Wortlaut haben, (das ist nicht zu verstehen), beziehen sie sich auf gemeinsame Menschheitserfahrung. Auf diese Art und Weise überwinden sie Grenzen und politische Spaltungen, indem sie Menschen zusammenbringen. Im Rahmen einer zweitägigen Podiumsdiskussion treffen sich Übersetzer und Dichter aus Weißrussland, Deutschland, Polen, Russland und aus der Ukraine, um sich zum Thema einer Mission, die mit dem Beruf des Übersetzers verbunden ist, seinen Arbeitsbedingungen und der Rolle, die er im Prozeß der Verständigung im multikulturellen Europa spielt, auszutauschen. Auf Grund ihrer Erfahrungen soll gezeigt werden, wie Übersetzer gegenwärtig arbeiten. Es finden auch Dichterlesungen der übersetzten Autoren statt.

Die Gäste:

Weißrussland: Andriej Chadanowicz, Maryna Szoda
Deutschland: Bernhardt Hartmann, Renate Schmigdal
Polen: Leszek Engelking, Wojciech Górecki, Michał B. Jagiełło, Jerzy Jarniewicz, Sława Lisiecka, Michał Książek
Russland: Nikita Kuznetsov, Anatol Niechaj
Ukraine: Hałyna Kruk, Ostap Sływynski

Zuhause, Heimat, Grenze / Spuren und Transformationen
Multidisziplinäre Aktivitäten

13. Juni 2015 (Sonnabend), 12.00 bis 22.00 Uhr

Das Geburtshaus von Karl Dedecius
Wólczańska-Strasse 146, Lodz

Eintritt frei

12.00 - 15.00Transformation des Haushofes zum Garten. Idee und Leitung: Łukasz Nowacki (Fundacja Transformacja)

16.00 - 18.00Kunstwerkstatt Frottage-Technik: "Abdrücke" vom Geburtshaus von Karl Dedecius . Idee und Leitung: Urszula Sroczyńska, Beata Ścieglińska

19.00Vernissage der entstandenen Arbeiten + Grill

21.00Vorführung eines Films über Karl Dedecius an der Frontseite seines Geburtshauses

"Meine erste Welt bestand aus einer dunkel tapezierten Wohnung und einem Haushof, unserem Spielplatz, dicht umschlossen von umgebenden Häusern. Selten konnte einer der uns benachbarten Haushöfe einen so winzigen Rasen bieten"– so erinnerte sich Karl Dedecius an die früheste Periode seines Lebens.

Ein Teil der Veranstaltungen, verbunden mit den Feierlichkeiten anlässlich seines 95. Geburtstages, findet im Haus in der Wólczańska-Strasse 146 statt, wo der spätere prominente Übersetzer geboren wurde.

Die Bedeutung dieses Ortes in der Geschichte von Lodz unterstreichen Projektionen von mit Karl Dedecius verbundenem, dokumentarischem Material an der Vorderfront des Mietshauses. Im Ergebnis einer Konsultation mit den Bewohnern des Hauses werden wir mit Hilfe von Pflanzen den Haushof – die "kleine Heimat" – einer Transformation unterziehen, und die Erinnerung des Ortes soll mittels der frottage-Technik festgehalten werden. Bei dieser Methode, die der Künstler Max Ernst 1924 erfand, wird die Struktur der Materie direkt auf Papier übertragen. Eine der Arbeiten, die die Spuren der Vergangenheit, (symbolisiert u.a. durch die rauhen Wandflächen, Holztüren und andere Stellen auf dem Haushof, festhalten werden, soll gerahmt und Karl Dedecius geschenkt werden. Abschließend laden wir zur Vernissage aller von den Lodzern entworfenen Arbeiten und zum Grillen ein.

Erlklärung einer Stadt
Ein Spaziergang durch Lodz für ausländische Gäste

14. Juni 2015 (Sonntag), 14.00 Uhr

Museum der Stadt Lodz
Ogrodowa-Strasse 15

Eintritt frei

Über das alte Lodz sprechen bedeutet, über das Lodz der vier Kulturen zu sprechen, das von Polen, Deutschen, Juden und Russen geprägt wurde. Der heutige Multikulturalismus einer modernen Stadt ist jedoch viel differenzierter. Karl Dedecius hat als Übersetzer sein Leben einer Annäherung der Kulturen mittels der Literatur gewidmet. Vielleicht trug dazu auch die Tatsache bei, dass sowohl sein Leben als auch die Geschichte seiner Familie eine Geschichte der Migration, der Entwurzelung und des neuen Wurzelschlags war. Um denen zu helfen, in Lodz heimisch zu werden, die erst vor kurzem hierhergekommen sind und ihre Stadt besser kennen lernen möchten, laden wir zu einem Lodzer Spaziergang für Ausländer ein. Der Spaziergang wird auf Englisch geführt.

Ein Sprachlabor
Juni bis August

27. August 2015 (Donnerstag), 11.00 Uhr

Jugendwerkstatt

Museum der Stadt Lodz
Ogrodowa-Strasse 15

Obowiązują zapisy

Die Grammatiken verschiedener Sprachen sind komplizierte Systeme, gleichzeitig beziehen sich jedoch die Worte immer auf konkrete Erfahrungen. Die Kenntnis einer anderen Sprache ermöglicht gegenseitiges Kommunizieren und interkulturellen Dialog. Im Rahmen der Sprachwerkstatt werden wir uns mit beiden Aspekten der Sprache beschäftigen. Neben einem Teil, der der konkreten Übersetzung eines literarischen Textes und der Etymologie der Wörter gewidmet ist, werden wir uns auch mit dem intuitiven Dialog befassen, um zu prüfen, ob sich Sprachen ganz "fremd" sein können.

Anmeldung für Workshops für Schulklassen ab Juni über die Bildungsabteilung des Museums der Stadt Lodz: n.krolikowska@muzeum-lodz.pl

Auf den Spuren von Karl Dedecius
ein Radausflug durch Lodz

29. August 2015 (Sonnabend), 11.30 Uhr

Museum der Stadt Lodz
Ogrodowa-Strasse 15

Eintritt frei

Karl Dedecius wurde vor fast 95 Jahren im multikulturellen Lodz geboren. Wie sah damals die Stadt aus, wo verbrachte man die Freizeit, wo befand sich das polnische Gymnasium und wo das deutsche? Wohin zog nacheinander die Familie Dedecius um? Während eines Radausflugs auf den Spuren des bedeutenden Übersetzers werden wir ausgewählte, mit seiner Biographie und zugleich mit der Vergangenheit der Stadt verbundene Orte besuchen.

Deutsche Bibliothek

Wykłady o literaturze niemieckojęzycznej (m.in. Thomas Bernhardt, Elfriede Jelinek, Herta Müller)

Vom September 2015 bis Juni 2016

Museum der Stadt Lodz
Ogrodowa-Strasse 15

Anknüpfend an die "Polnische Bibliothek" – eine monumentale 50-bändige Veröffentlichung von Karl Dedecius, um dem deutschsprachigen Raum polnische Literatur näher zu bringen – eröffnen wir eine Vortragsreihe, die umgekehrt den polnischen Lesern deutschsprachige Literatur näher bringen will. Während der monatlichen Treffen wird das Schaffen bedeutender deutscher Autoren des 20. und 21. Jahrhunderts vorgestellt, u.a. von Rainer Maria Rilke, Franz Kafka, Thomas Bernhardt, Elfriede Jelinek und Herta Müller.